Alpha-1-Antitrypsin-Mangel diagnostizieren und therapieren
Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATM) ist eine seltene hereditäre Erkrankung, die sich primär in der Lunge manifestiert.Viele Patienten mit AATM erhalten aufgrund ihrer klinischen Symptomatik zunächst die Diagnose COPD (chronic obstructive pulmonary disease). Doch verschiedene unspezifische Symptome können für den behandelnden Mediziner ein Indiz für eine „ungewöhnliche COPD“ anderer Ätiologie sein.
Erkrankung
Aufgrund eines Gendefekts ist bei AATM die hepatische Produktion des Alpha‑1-Antitrypsin (AAT) herabgesetzt, ein Proteinase-Inhibitor mit wichtiger protektiver Funktion für die Lunge. Infolge des Mangels an AAT greifen überschießende Proteinasen das Lungengewebe an und es kommt allmählich zu proteolytischer Gewebezerstörung mit progredientem Emphysem.
Schätzungen zufolge sind in Deutschland ca. 20.000 Menschen von dem Gendefekt betroffen.[1,2] Die Erkrankung weist insgesamt eine unterschiedlich ausgeprägte Symptomatik auf und wird bei vielen Patienten erst spät oder überhaupt nicht als AATM diagnostiziert. Wegen des chronisch progredienten Verlaufes ist es jedoch essenziell, eine frühzeitige Diagnose zu stellen, um gegebenenfalls rasch mit einer zielgerichteten Therapie beginnen zu können.
Symptome
Die Symptome eines Alpha‑1-Antitrypsin-Mangels unterscheiden sich praktisch nicht von denen einer „gewöhnlichen“ COPD. Beiden gemeinsam ist die AHA-Symptomtrias, bestehend aus Atemnot, Husten und Auswurf. Dennoch gibt es einige charakteristische Unterschiede zwischen beiden Erkrankungen.
Indizien zur Unterscheidung von COPD und AATM
COPD | AATM |
---|---|
Betroffene: Vorwiegend Raucher | Betroffene: Raucher und Nichtraucher |
Erkrankungsbeginn: Meist nach dem 40. Lebensjahr | Erkrankungsbeginn: Oft vor dem 40. Lebensjahr |
Ursachen: Zigarettenrauch, schädliche Umwelteinflüsse | Ursachen: Vererbung, Gendefekt, oft keine Risikofaktoren erkennbar |
| Möglicher Hinweis: Positive Familienanamnese für Lungenerkrankungen |
Diagnose: Messung Lungenfunktion, Röntgen, CT | Diagnose: Bluttest, (für alle COPD-Patienten empfohlen, anschließend ggf. Phäno- und Genotypisierung)3 |
Patientenüberweisung
Zur weiteren Diagnostik des AATM sollten Patienten an einen spezialisierten Pneumologen oder in ein Alpha‑1-Fachzentrum überwiesen werden.
Referenzen
[1] Blanco I, Bueno P, Diego I, et al. Alpha‑1 antitrypsin Pi*Z gene frequency and Pi*ZZ genotype numbers worldwide: an update. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis. 2017;12:561‑569.
[2] Greulich T, Nell C, Hohmann D, et al. The prevalence of diagnosed α1-antitrypsin deficiency and its comorbidities: results from a large population-based database. Eur Respir J. 2017; 49:1600154.
[3] Greulich T, Fähndrich S, Clarenbach C, et al. Alpha‑1-Antitrypsin-Mangel (AATM) – Ein Expertenstatement. Positionspapier der DGP. Pneumologie. 2020;74(07):436‑442.
[4] Koczulla AR. Alpha-1-Antitrypsinmangel und Substitutionstherapie – Aktuelle Entwicklungen und klinische Bedeutung. UNI-MED Bremen 2021, 1. Auflage.